Die Gedenkstunde der linksrheinischen Heimat- und Bürgervereine, des HTV und des Ortsverbandes VdK zum Volkstrauertag 2023 fand am 19.11.2023 auf dem Friedhof Düsseldorf-Heerdt statt.
Die Ansprache hielt dieses Jahr Marion Warden, AWO Düsseldorf:
Erinnern und Gedenken
Verständigung, Versöhnung & Frieden – so beschreibt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge seine Vision von einem gerechten Miteinander der Völker. Aus dem Schmerz der Vergangenheit in eine lebenswerte Gegenwart, in eine hoffnungsvolle Zukunft hineinwachsend. Erinnern und Gedenken als Weg zu Verständigung, Versöhnung und Frieden.
Sehr geehrte Anwesende, sehr geehrte Vorstände und Mitglieder der linksrheinischen Heimat- und Bürgervereine, des HTV und des Ortsverbandes des Sozialverband VdK, liebe Schützenfamilie!
Ich Danke Ihnen für die Möglichkeit am Volkstrauertag zu Ihnen sprechen zu dürfen. Als Mitglied des Vorstandes des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge für die Region Düsseldorf-Aachen fühle ich mich der Arbeit des VDK – Versöhnung über den Gräbern- seit vielen Jahren verpflichtet – und niemals hätte ich gedacht, dass wir wieder einmal über Krieg in Europa sprechen müssten.
Geschichte des Volkstrauertages
Der Volkstrauertag wurde ursprünglich 1919 durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges eingeführt. Nicht „befohlene“ Trauer war das Motiv, sondern es sollte ein nicht übersehbares Zeichen der Solidarität mit den Hinterbliebenen der Gefallenen gesetzt werden.
Die erste offizielle Feierstunde fand 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin statt. Damals war es der damalige Reichstagspräsident Paul Löbe der eine, im In- und Ausland vielbeachtete Rede hielt, in der er einer feindseligen Umwelt den Gedanken an Versöhnung und Verständigung gegenüberstellte.
1934 bestimmten dann die nationalsozialistischen Machthaber durch ein Gesetz den Volkstrauertag zum Staatsfeiertag und benannten ihn „Heldengedenktag“. Die Träger waren bis 1945 die Wehrmacht und die NSDAP. Die Richtlinien über Inhalt und Ausführung erließ der Reichspropagandaminister. Welch schrecklicher Missbrauch des Gedenkens!
Gründung der Bundesrepublik Deutschland
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde der Volkstrauertag erneut vom Volksbund eingeführt und 1950 erstmals neben vielen regionalen Veranstaltungen mit einer Feierstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages begangen. Der Volkstrauertag ist seitdem zu einem Tag der Mahnung zu Versöhnung, Verständigung und Frieden geworden.
So finden heute zentrale Gedenkstunden nicht nur in Berlin, sondern an vielen Orten in Deutschland, auch hier in Heerdt, statt. Sie alle sind begleitet von Trauer, denn die zerstörerischen, menschenverachtenden Folgen von Kriegserfahrungen sind auch heute nicht vergessen.
Dies ist unverändert sichtbar, denn der Volksbund betreut heute im Auftrag der Bundesregierung die Gräber von etwa 2,8 Millionen Kriegstoten auf über 832 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten. Er wird dabei unterstützt von mehr als einer Million Mitgliedern und Förderern sowie der Bundesregierung.
Weltweit wird der Volkstrauertag durch die deutschen Botschaften und Auslandsgemeinden sowie die Volksbund-Außenstellen auf deutschen Kriegsgräberstätten begangen.
Mahnung der Kriegsgräberstätten
Wer einmal eine solche Kriegsgräberstätte besucht hat, ganz hier in der Nähe bei Venlo liegt die Kriegsgräberstätte Ysselstein, das jüngste Opfer dort war 1 Jahr als, wird sie nie mehr vergessen: der Anblick tausender gleicher Gräber, in schier nicht enden wollenden Reihen, über die endlos der Wind der Jahreszeiten hinwegweht.
Unfassbares Leid, Menschen, die ein ganz normales Leben, ihren Alltag hatten, niedergemetzelt, im Kampf gefallen oder vermisst.
Welch ein Unglück für die Familien, die Mütter, die Ihre Männer und Söhne verloren, die Frauen, die Kinder, die um Mann und Vater weinten. Und der Schmerz um die Gefallenen, die Vermissten, lässt auch heute, im Jahre 2023, die Familien nicht los.
Auch hier, unter uns, werden noch Personen sein, in deren Familien über Großeltern, Neffen, Onkel, Cousins gesprochen wird, die im Krieg geblieben sind, und auch darüber, wie es bei uns im Krieg und den Jahren nach 1945 gewesen ist.
78 Jahre Frieden in Deutschland
Was für ein Privileg, hier in unserem Land seit 78 Jahren in Frieden zu leben, unsere Kinder, die nachwachsenden Generationen, in Frieden aufwachsen zu sehen!
Aber Frieden und Freiheit sind nicht selbstverständlich. Das erleben wir seit Jahrzehnten in den immer wieder, weltweit aufflammenden Kriegen. Diese hier auch nur annähernd aufzählen zu wollen, würde den Rahmen dieser Gedenkstunde sprengen.
Der 24. Februar – Überfall auf die Ukraine
Aber auch wir haben am 24.02.2022 im scheinbar friedlichen Europa erlebt, wie fragil, wie zerbrechlich Friede sein kann: Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine erleben wir auch dort die Bilder zerstörter Städte, verzweifelte Menschen, die nach Angehörigen suchen, Verletzte, tote Zivilisten und Soldaten. Und ich weiß von älteren Menschen, dass durch die verstörenden Bilder in den Medien, eigene Erinnerungen an Bombennächte bei uns auf traurige Weise wieder geweckt werden.
Wer hätte gedacht, dass wir rd. 1500 km vor unserer Haustüre, mitten in Europa, wieder Krieg haben werden.
Unsere Gedanken sind bei den Opfern des Ukraine-Krieges, unser Mitgefühl gilt allen Menschen, die von den Folgend des Krieges betroffen sind.
Der Mensch ist des Menschen schlimmster Feind!
Der 09. November 1933
Zu welchen barbarischen Gräueltaten Menschen in der Lage sind, haben wir in Deutschland seit der Pogromnacht vom 09. November 1933 nicht mehr vergessen, in der die Synagogen brannten und die Verfolgung und Vernichtung jüdischen Lebens in Deutschland grausam sichtbar wurde.
„Nie wieder“, so dachten wir, darf sich Geschichte wiederholen. Und dieses „Nie wieder“ ist Mahnung und Verpflichtung zu gleich für unser Land.
Der Terror der Hamas
Aber das unfassbare ist geschehen: am Samstag, 07. Oktober 2023, überfiel die Terrororganisation „Hamas“ friedlich schlafende Familien in ihren Häusern, überfielen Jugendliche auf einem Festival, die fröhlich feierten, verbreiteten Angst, Hass, Gewalt und bestialischen Mord.
Mehr als 1400 Tote, 240 Geiseln, die Selbst-Verteidigung Israels und der Krieg in Gaza, als Folge des barbarischen Überfalls. Die Bilder wollen uns, wollen mir nicht mehr dem Kopf. So viel Leid, so viel Angst, so viel unnötiges Sterben.
Nie wieder ist jetzt!
Nutzen wir auch heute den Volkstrauertag um der Toten aller Kriege zu gedenken, an die Toten des bestialischen Hamas-Angriffs, der Toten in Gaza, der Verletzen und der Verwundeten des dort tobenden Krieges!
Zum Gedenken
Wir denken heute an die Opfer von
Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen
und Männer aller Völker.
Wir gedenken der Soldaten, die in den
Weltkriegen starben, der Menschen, die
durch Kriegshandlungen oder danach in
Gefangenschaft, als Vertriebene
und Flüchtlinge ihr Leben verloren.
Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet
wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten,
einer anderen Rasse zugerechnet wurden,
Teil einer Minderheit waren oder deren Leben
wegen einer Krankheit oder Behinderung als
lebensunwert bezeichnet wurde.
Wir gedenken derer, die ums Leben kamen,
weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft
geleistet haben, und derer, die den Tod fanden,
weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem
Glauben festhielten.
Wir trauern um die Opfer der Kriege und
Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von
Terrorismus und politischer Verfolgung, um die
Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte,
die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.
Wir gedenken heute auch derer, die bei uns
durch Hass und Gewalt gegen Fremde und
Schwache Opfer geworden sind. Wir trauern
mit allen, die Leid tragen um die Toten,
und teilen ihren Schmerz.
Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung
auf Versöhnung unter den Menschen und
Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem
Frieden unter den Menschen zu Hause
und in der ganzen Welt.
Das Sprechen des Totengedenkens durch den Bundespräsidenten am Volkstrauertag wurde von Bundespräsident Theodor Heuss 1952 eingeführt.
Ich danke Ihnen, dass Sie sich vor den Toten verneigen und möchte meine Ansprache mit einem Zitat von George Santayana schließen:
„Wer sich nicht seiner Vergangenheit erinnert, ist verurteilt, sie zu wiederholen.“
Vielen Dank!